Bereits bin ich Stammgast hier in Kathmandu. Es kam ja alles anders als geplant, wie immer. Ich erinnere mich nicht mal ob ich erwaehnt habe dass der Meditationskurs ausgefallen war. Statt waehrend 10 Tagen meine Mitte zu finden habe ich die Tage nepalistyle verbracht, da ne Tee-Einladung, dort ein bisschen sightseeing, immer schoen langsam und mit der Ruhe. Sonja kam ja erst 13 Tage spaeter, so war ich ein wenig auf mich alleine gestellt. Zum Glueck kannte ich noch Leute von meinem letzten Besuch, z.B. Saroj der damals mein Nepalilehrer (vom Volontariat) war oder Gopal, mein Brieffreund (ohne Scherz!) den ich nun zum ersten Mal traf. Die Kaelte machte ja alles ein wenig unangenehmer. Zwar ist es mittags jeweils schon fast wieder heiss, dafuer ist es morgens und abends a...kalt so ohne Heizung. Meine erste Investition: gefuetterte Handschuhe. So habe ich meine Tage mit lesen, Freunde besuchen, Internet gucken, Tee trinken und in der Sonne sitzen verbracht. Alle haben ueber die Kaelte in Europa geschimpft, aber auch hier hat es 0 Grad und die Fenster sind undicht, eine Heizung nicht vorhanden und die Tueren meistens offen. Man kann sich dies nicht vorstellen. Auch Sonja ist erschrocken, obwohl sie direkt aus dem Kuehlschrank Europa hierherflog. Man 'gewoehnt' sich jedoch mit der Zeit daran, die Devise ist 'soviel wie moeglich tragen', momentan habe ich drei T-Shirts unter der Jacke (der Pulli ist in der Waesche, auch das muss mal sein).
Am Tag als ich die Kopan Monastery besuchen wollte wurde gestreikt. Ich kam aus dem Hotel raus und es fiel mir auf dass saemtliche Laeden geschlossen waren! Das bedeutet: Laden runter und mit dickem Schloss abgeschlossen. Ich fand das ein wenig suspekt und fragte im Hotel nach. Anscheinend wuerden Studenten gegen die Gaspreise (also Kochgas) protestieren und die Ladenbesitzer haetten Angst das man ihnen die Scheiben einschlagen wuerde bzw. dass sie den Laden stuermen wuerden. Beruhigend... im Thamel, der Touristengegend war es dann auch ungewoehnlich ruhig. Es fuhren keine Taxi, alle Leute waren zu Fuss unterwegs. Kein Vergleich zum Chaos aus Verkaeufern, Touristen, Taxi- und Motorradfahrern welches normalerweise herrscht. Es war schon nahezu unheimlich obwohl viele Leute unterwegs waren. Ich entschied mich dann zurueck ins Hotel zu gehen und den ganzen Tag (!!!) auf dem 'rooftop' (Hausdach) in der Sonne zu verbringen. Rooftop ist hier eh das Schlagwort, wenns schon mal warm ist sitzt man sich gerne in die Sonne. Diese sind oft im 5. oder 6. Stock, also entweder man kennt sich aus, guckt nach Schildern oder laesst sich vom Reisefuehrer leiten. Oft sind die besten Plaetze naemlich ziemlich versteckt.
Anfang Februar kam dann endlich Sonja hier in Nepal an und erloeste mich von meiner Einsamkeit. Klar gab es immer was zu tun, aber vorallem die Zeit zwischen 16.00 und 19.00 Uhr (zu kalt fuers rooftop, zu frueh fuer Abendessen) war dann doof. Immerhin hatte ich bis zu ihrer Ankunft mein Indienvisum beantragt (ganze 3x musste ich vorbei, das ist aber die normale Prozedur) und auch eine Nepali SIM-Karte gekauft, weise Idee wenn man kein WIFI hat. Ich war bis dahin auch 2x auf dem Weg zum Durbar Square gewesen, aber beide Male kam ich nicht weit bzw. beide Male wurde es teuer. Einmal hat mich ein gelangweilter Tourguide aufgegriffen und ist den ganzen Weg mit mir gelaufen. Ich dachte schon er mache es nicht aus reiner Freundlichkeit, so verlangte er am Schluss Geld dafuer obwohl ich ihn nicht aufgefordert hatte mitzukommen. Immerhin hat er seine Sache super gemacht, ich koennte ihn glatt emfehlen. Beim zweiten Mal folgte mir ein Inder der hier schwarz als Schuhputzer arbeitet. Ich hatte ihn gleich angegiftelt dass ich im Fall keinen Reisefuehrer brauche. Auch er folgte mir und zeigte mir die ganzen Tempel sowie ein Foto von seinem Baby dass er daheim ernaehren muesste. Ich dachte mir es ist wenigstens eine gute Investition wenn ich einen Sack Reis kaufe, besser als Geld geben. Ich muss ja nicht erwaehnen dass er eigentlich zuerst Reis, Milch und Oel wollte und mir das dann doch zu teuer war. Ich hoffe der Reissack hat ausgereicht. Danach entschied ich mich nicht mehr alleine diesen Weg zu gehen. Er ist zwar alles andere als gefaehrlich, aber man laesst mich einfach nicht alleine.
Jedenfalls kam dann endlich Sonja an, ich habe die Arme zu Beginn schon ziemlich ueberfordert. Ich weiss ja wie Kathmandu auf den ersten Blick wirkt, aber ich habe dem ganzen noch eins draufgesetzt. Zuerst mal gabs eine flotte Tour, dann habe ich ihr ein paar Volontaere vorgestellt, meine Nepali-Kollegen ebenfalls, wir tranken Tee und noch mehr Tee und einen Tag spaeter waren wir bereits unterwegs auf kleiner Trekkingtour in ein abgelegenes Dorf. Ich rede hier nicht von 'meinem' Dorf bei Pokhara sondern von seinem. Er ist Ram, ihm gehoert das Hotel in welchem wir uebernachten, gleichzeitig hat er ein Reisebuero das einen sehr guten Eindruck macht. Letztes Jahr hat er einen nationalen Preis fuer die umweltfreundlichen Reisen, die er anbietet, gewonnen. Zusammen mit schwedischen Sponsoren haben sie in seinem Dorf einiges aufgebaut, es gibt u.a. ein Kleinwasserkraftwerk fuer 125 Haushalte, ein Spital mit Pflegepersonal welches fair bezahlt wird und Aktionen wie Decken und Matten fuer die Aermsten. Vor einigen Jahren wurden auch Toiletten fuer die unteren Kasten gebaut. Dies hatte zur Folge dass sich die hoeheren Kasten dachten 'das wollen wir auch' und selber welche bauten. Somit ist eine ziemlich gute Infrastruktur vorhanden, wenn Beduerftige Geld fuer Medikamente benoetigen wird geholfen. So kam es nun dass Ram eine kleine Tour in sein Dorf plante, da ein schwedischer Reporter sowie ein schwedischer Fotograf Material fuer die Sponsoren benoetigten. Wir wurden sozusagen eingeladen uns das Ganze anzuschauen. Ich musste ein bisschen auf Sonja einreden da sie ja erst zwei Tage zuvor angekommen war und ich sie mit der Geschichte ein wenig erschreckt hatte. Es war jedoch alles sauber, also kein sonderbarer Reisefuehrer der uns irgendwohin verschleppen wollte :-) Er haette eh ziemlich schwer geschleppt, denn die Reise ins Dorf bestand nicht nur aus Autofahrt sondern auch aus einer kurzen Wanderung. Die war aber echt nicht der Rede wert, vorallem wenn man den Heimweg der Reise kennt (tut ihr jetzt noch nicht, aber ich wollte es mal erwaehnen).
Wir machten uns also am Sonntag auf den Weg nach Jyamrung. Zuerst hiess es 2 Stunden normale Strasse, 2 Stunde Holperstrasse und dann laufen, irgendwas zwischen 30 Minuten und einer Stunde. Es zoegerte sich dann alles ein wenig raus, auch weil wir unterwegs die Rueckscheibe des Jeeps verloren! Wirklich der einzige Zwischenfall, diese konnte aber schnell wieder eingesetzt werden. Staubig war es ja sowieso, denn die Holperpiste verdient nicht mal den Namen 'Piste', geschweige denn 'Strasse'. Ich habe ja schon einiges schlechtes gesehen, aber das sprengt wohl alles. Wir kamen nur im Schritttempo vorwaerts und wurden kraeftig durchgeschuettelt. Im Dorf angekommen wurden wir aber freundlich aufgenommen. Es hatte mehrere Zimmer da extra fuer Gaeste/Volontaere/Sponsoren ein Haus gebaut wurde. Der Komfort war aehnlich wie in meinem Dorf, also auch hier kein direkter Zugriff auf eine Strasse, nur lokale Laeden, kein TV, kein 'richtiges' Wohnzimmer, keine Fenster, dafuer viiiiieeel Dal Bhat (Reis mit Linsen). Hatte ich meinen Appetit in der Kaelte von Kathmandu zwischenzeitlich verloren kam er mit voller Wucht zurueck. Ich wuerde behaupten mein Koerper hat automatisch in den Dorfmodus geschalten. Wenn's Dal Bhat gibt, dann reichlich. 'Wenig' wird nicht verstanden, die Gaeste sollen es gut haben und sollen gemaestet werden. Anders als in meinem Dorf wurden wir total verwoehnt, das heisst es gab zusaetzlich zum Linsenreis auch Brot, Suppe, Nudeln, Suessigkeiten und Sunntalas (Manderinli). Klingt super, ist aber unheimlich viel zu essen. Die Portionen sind wirklich unglaublich, schon ein Kleinkind haut rein was bei uns ein Mann runterbringen wuerde!
Am ersten Tag durften wir zugucken wie die Decken im Dorf verteilt wurden. Da erkennt man wieder den eigenen Ueberfluss und wie unwichtig manche Dinge doch waeren. Andere freuen sich ueber eine warme Decke die sie sich selber nicht leisten koennen! Wir haben auch weitere Projekte angeguckt und haben mit den Personen gesprochen die sich teilzeitlich um das Wasserkraftwerk kuemmern. Das heisst es wird abends um 16.00 Uhr (in der Winterzeit) jeweils der Strom eingestellt und morgen dann wieder abgestellt. Der eine davon arbeitet normalerweise als Lehrer, verdient sich so aber noch einen zusaetzlichen Batzen dazu. Er war eh unser 'Handyman', das heisst er kann alles, sogar eine Ziege fachmaennisch auseinandernehmen (siehe auch Foto unten). Wir durften zugucken, also vom Zeitpunkt als das Beil auf ihren Hals donnerte bis zu den verschiedenen Haeufchen mit Fleisch die gemacht wurden. Jeder 'Besteller' bekam gleich viel, es wurde fair verteilt. Das heisst das wir nicht nur die Filetstueckchen abraeumten sondern auch Magen, Darm usw. mitbekamen. Super... Und was macht man bei einer Einladung? Man probiert! Ich hatte auch nur vier Ziegenstuckchen im Essen (ich kann nicht Fleisch schreiben...), aber das vierte Stueck gab mir den Rest. Da es hier keine Messer gibt war es nicht unbedingt mundgerecht und liess sich auch mit den Zaehnen widerwillig zerkleinern, so wie ein Kaugummi. Als niemand guckte spuckte ich es schlussendlich ins Taschentuch... sorry, ich brachte es echt nicht runter... das war wohl ein Teil des Magens oder was es dort noch so hat. Als ich dann zurueck ins Zimmer ging holte ich die Taschenlampe aus der Jacke raus und verlor gleichzeitig das Taschentuch. Ich bemerkte den Verlust erst im Zimmer und huschte nochmals die Stufen runter. Die Katze hockte bereits auf meinem Taschentuch welches schon ziemlich zerfetzt aussah! Peinlich!! Schnell entsorgte ich das Taschentuch, auf keinen Fall haetten dies die Gastgeber erfahren duerfen (und ich hoffe er uebersetzt meinen Blog nicht auf Englisch, sonst kommts raus... there are a few things you just don't need to know :-)) )
Waehrend fuer Sonja und mich der Aufenthalt locker-flockig war mussten unsere beiden schwedischen Kollegen Mikael und Martin arbeiten. Fuer uns war es total interessant mal einem Fotograf ueber die Schulter zu gucken. Dies taten wir auch im wahrsten Sinne des Wortes. Um die guten Fotos abzustauben standen wir meistens schraeg hinter ihm, so das wir auch was vom Motiv hatten :-) Leider leider kann ich die Bilder nicht hochladen. Was ihr hier seht ist alles Copyright Sonja Jegen, sie hat die Bilder mit ihrem IPhone gemacht und dann aufs IPad geladen. Tolle Sache!
Eigentlich wollten wir nur zwei Tage bleiben, wir wurden dann aber schnell ueberredet nochmals eine Nacht anzuhaengen. Aber wir hatten wirklich eine tolle Zeit im Dorf, alle waren total nett und haben uns immer wieder zu Tee eingeladen, einmal gab es sogar Zuckerrohr. Wir hatten uns ziemlich doof angestellt da man dies sozusagen mit den Zaehnen schaelt. Aber lecker wars, und danach hatte ich eine Ueberdosis Zucker. Nicht das dies meinen Appetit aufs Abendessen geschmaelert haette.
Dummerweise regnete es am naechsten Tag in Stroemen. Wir dachten zuerst es wuerde wieder aufhoeren und warteten und warteten, aber es war keine Besserung ins Sicht. Waehrend Sonja und ich uns einfach in den Schlafsack zurueckzogen und ein wenig lasen mussten Ram, Mikael und Martin zum Spital um Fotos zu schiessen und Interviews zu fuehren. Uns haette es zwar auch interessiert, aber der Regen war wirklich unglaublich und wir wollten nicht pitschnass zurueckkehren, vorallem weil wir nur mit zwei Dorftagen gerechnet und dementsprechend wenig Kleidung dabei hatten. So kam es dass wir nochmals eine zusaetzliche Nacht bleiben mussten, jedoch war es weiterhin unsicher ob wir ueberhaupt 'rauskamen'. Nach stundenlangem Dauerregen konnte die Holperpiste nicht fahrbar sein. Wir entschieden uns dann Ram's Jeep (kommt erst morgen zurueck!) stehen zu lassen und zu Fuss (fettes Ausrufezeichen) zur Asphaltstrasse zu gehen. Klingt easy, ist in Nepal aber nicht ganz so einfach. Zuerst mussten Traeger organisiert werden bzw. Ram organisierte sie einfach, total nett. Dann gings zwei Stunden lang aufwaerts bis wir zur Holperpiste kamen. Der Bus steckte aber mehr oder weniger fest, so dass wir zuerst mal vorausliefen statt auf ihn zu warten. Er kam dann tatsaechlich nie, so das wir nach 4 weiteren Stunden dann im Headquarter (Dhading Downtown sozusagen) ankamen. Von dort aus mussten wir 'nur' noch den 3-stuendigen Bus nach Kathmandu nehmen wo uns nicht nur ein Hotelzimmer erwartete sondern auch eine ueberheisse Dusche. Zur Feier des Tages, ich glaube ich wurde uebermuetig, hatte ich dann Dal Bhat waehrend sich Sonja an schoenen, frischen Pommes erfreute. Wie schnell kann es gehen das aus einem Budgetzimmer im Thamel eine perfekte Unterkunft mit kuscheligem Bett werden kann. Man schraubt die Anspruche ziemlich schnell ziemlich weit runter. Aber einmal mehr: man gewoehnt sich wohl an alles!
Fuer mich und Sonja war der ganze Trip gratis, wir moechten jedoch die verschiedenen Projekte mit Geldbetraegen unterstuetzen da wir mit eigenen Augen sehen konnten das alles ankommt wo es hingehoert. Untenstehend noch die Links falls jemand Interesse hat, sei es an einer Spende oder an einem zuverlaessigen Reisebuero in Kathmandu (man kann hier ja auch alles andere buchen, Trekkingtouren, Bustickets, Paragliding usw.
Internetseite Reisebuero: http://www.gotomountain.com/
Internetseite Dorfstiftung: http://tukeenepal.org/
Die letzten beiden Tage haben wir dann wieder als normale Touristen hier in Kathmandu verbracht. Die Stadt ist ja schon speziell und nach langer langer Zeit ist sie mir tatsaechlich irgendwie ans Herz gewachsen. Sie ist schmutzig und laut, aber es ist eines der groessten Freiluftmuseen. An jeder Ecke hat es einen Tempel, Heiligtuemer und religioese Bauwerke. Haha, habe gerade im Internet gelesen dass es hier praktisch keine privaten Fahrzeuge gibt, trotzdem bricht der Verkehr laufend zusammen. Die Mischung aus Motorraedern, Taxis, LKWs und Bussen machts :-) Wir waren auch endlich ein wenig shoppen, wir haben Yak-Kaese probiert, der es locker mit Schweizer Kaese aufnehmen kann. Wir haben unsere Haende in Cashmere-Decken gegraben so dass sich mein neu erworbener Yak-Schal wie ein Reibeisen anfuehlt. Aber er gibt immer noch warm, hu!
Die Hocker werden morgen in die Schweiz geschickt :-)
In Jyamrung
Wir haben uns gegen den Bus entschieden und sind gelaufen
Im Dorf werden die Decken verteilt
Handyman nimmt die Geiss 'auseinander'
Wahnsinn, wie die Zeit vergeht. Es ist schön, gemeinsam mit dir neue Eindrücke zu sammeln! Weiterhin viel Spaß!
AntwortenLöschenHi Nadine, sitzen grad in USA Wyomissing PA bei einem Sam Adams Bierli im Hotelzimmer und haben die Bilder von der Asienreise zu Gemüte geführt. Auf Anhieb hab ich mich in die pinkige kleine Vietnamesin verliebt..die vom Markt in HoiAn , wie heisst das Restaurant vom Kochkurs???
AntwortenLöschenIst der nepalesische Winter auch so bitterkalt? USA ist grad warm gegenüber der Tiefkühltruhe Heerbugg. Heute waren wir Sushi essen und Isi erzählte die Story vom Sushi Place wo ihr als erste Gäste verwöhnt wurden..von der ganzen Mannschaft.
Viele schöne Erlebnisse dir und Sonja - wir trinken auf euer Wohl..und eins nämmer noch für den Durscht
Perghi und
Isi